
Bauen
Concular – Das Ökosystem für zirkuläres Bauen
Concular ist ein führendes Unternehmen im Bereich zirkuläres Bauen in Deutschland. Ihr digitales Ökosystem bietet Lösungen für das Bauen, Betreiben und Sanieren von Gebäuden, die darauf abzielen, Ressourcen effizient zu nutzen und die Emissionen der Baubranche zu senken. Durch die Nutzung digitaler Materialpässe, umweltschonenden Rückbau und die Vermittlung geprüfter, zirkulärer Baustoffe ermöglicht Concular eine zirkuläre Bauweise.
Kurzprofil
Unternehmen
Concular GmbH
Unternehmensstandort
Berlin
Mitarbeiter:innen
65+
Gründung
2020
Branche
Bauen, ProTech/ConTech
Umsatz
2,75 Mio € (2023)
Ausgangssitation und Motivation
In Deutschland und Europa ist ein zunehmender Trend hin zum kreislaufgerechten Bauen deutlich zu erkennen. Der Gebäudesektor ist für 40% der Treibhausgasemissionen und 60% des globalen Abfalls verantwortlich. Seitens der freien Wirtschaft stehen sämtliche Akteur:innen der Baubranche unter gesellschaftlichem und regulatorischem Druck, CO2-Emissionen und Abfälle zu reduzieren. Bauherr:innen werden von Ihren Investor:innen und anderen Stakeholdern zunehmend dazu angehalten, über Ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Hersteller sind aufgrund von Vorschriften und der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) zunehmend verpflichtet, ihre eigenen Materialien zurückzunehmen.
Seit 2020 setzt Concular auf die Entwicklung zirkulärer Materialströme auf Gebäudeebene und transformiert dabei die Immobilien- und Baubranche hin zu einer kreislauffähigen Wirtschaftsweise. Das Unternehmen Concular wurde 2020 auf Grundlage der Erkenntnisse der Bauteilbörse restado.de gegründet, die im Jahr 2012 als Europas größter Marktplatz für wiedergewonnene Baustoffe etabliert wurde. Der Impuls kam von Marc Haines, einem Mitgründer und Architekten, der in seiner beruflichen Praxis oft miterlebte, wie Bauteile, trotz gutem Zustand, bei Bauprojekten wie Neubauten, Sanierungen oder Abrissen einfach weggeworfen wurden.
„Unsere Mission ist es, die Ressourcen von heute für die Generationen von morgen verfügbar zu machen.“
Concular verfolgt eine Strategie zur Förderung der Materialwiederverwendung, die darauf abzielt, CO2-Emissionen, Abfall und den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu reduzieren. Durch die Wiederverwendung von Materialien wird der Ressourcenverbrauch erheblich verringert, was potenziell zu Einsparungen von bis zu 20 % der globalen CO2-Emissionen und 30 % des Ressourcenverbrauchs führen kann. Darüber hinaus bietet die Förderung der Materialwiederverwendung die Möglichkeit, neue Arbeitsplätze zu schaffen, die sich mit der Prüfung, Aufbereitung und Weiterverarbeitung von Materialien befassen.

Massnahmen und Aktivitäten
Datenerhebung mittels Software
Um eine erfolgreiche Gebäudewende zu realisieren, ist die Zusammenführung aller relevanten Informationen zu Materialien und Baukonstruktion besonders wichtig. Erst wenn die Daten zu Gebäuden, verwendeten Bauprodukten und -materialien erfasst wurden können die Gebäudebestandteile einer hochwertigen Anschlussnutzung zugeführt werden. Concular hat eine Software entwickelt, die zwei Hauptfunktionen bietet:
Die Circular LCA-Funktion ermöglicht eine einfache und zirkuläre Ökobilanzierung. Durch eine intelligente Verknüpfung von Umweltproduktdeklarationen (EPD) können Unternehmen alle erforderlichen Zertifizierungen gleichzeitig erreichen. Die Software erlaubt es, nach den Standards des Qualitätsnetzwerk für Nachhaltiges Bauen (QNG) und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) von 2018 und 2023 zu bilanzieren und zu zertifizieren.
In einem digitalen Gebäuderessourcenpass dokumentiert das Unternehmen alle Bauteile und Rohstoffe eines Gebäudes in einem digitalen, aktualisierbaren Materialpass. Gebäude erhalten dabei ein Profil, in welchem die verwendeten Bauteile und ihre Produkteigenschaften (z.B. CO2 Bilanz) festgehalten werden. Der Gebäuderessourcenpass dient als Grundlage für die werterhaltende Dokumentation und zukunftssichere Planung von Gebäuden. Bei einem späteren Rückbau ist es dann deutlich einfacher, verwendbare Materialien zu inventarisieren. Gleichzeitig schafft der Ressourcenpass Anreize dazu, beim Neubau verstärkt auf zirkuläre Bauteile zu setzen.
Circularity Assessment und Materialvermittlung
In der Praxis nutzt Concular die Softwarelösung und überprüft wiederverwendbare Ressourcen in bestehenden Gebäuden mit sogenannten „Circularity-Checks“. Vor dem Rückbau von Bestandsgebäuden (oder bereits während des Bauvorhabens) digitalisieren und dokumentieren Mitarbeiter:innen Materialien und Bauteile und geben an, ob sie sich für eine Weiternutzung eignen. Zudem werden weitere Daten wie z.B. Maße, Materialart und Hersteller erfasst. Gemeinsam mit Partnerunternehmen prüft Concular auch die Qualität der Materialien und Bauteile. Wird das Gebäude dann zurückgebaut, werden die geprüften und wiederverwendbaren Materialien über Conculars Materialdatenbank zum Verkauf gestellt. Dort werden Angebot und Nachfrage zusammengeführt. Abnehmer:innen können die Materialien dann entweder direkt oder aus einem Zwischenlager abholen und direkt wieder in den Kreislauf bringen. Die Rückgewinnung beim Rückbau wird Urban Mining genannt. Wenn eine Wiederverwendung ausgeschlossen ist, wird angestrebt, einen Teil der Materialien für Neubauten zu verwenden und den Rest an externe Um- oder Neubauprojekte weiterzugeben.
Der erste Urban Mining Hub in Berlin
Mitte 2023 wurde Der Urban Mining Hub in Berlin von Concular gemeinsam mit der SenatMVKU Berlin und ALBA realisiert. Dort können wiederverwendbare Materialien gelagert werden, wodurch sie jederzeit zur Abholung bereitstehen. Der Urban Mining Hub ist ein entscheidender Baustein in der Wertschöpfungskette für eine professionelle Wiederverwendung. Er überbrückt die Zeiträume, die nach einem Rückbau und vor einer Nachnutzung entstehen und verhindert, dass Bauteile vorzeitig ungenutzt zu Abfall werden. Das Projekt soll eine Blaupause für weitere Urban Mining Hubs werden. Zum Standort in Berlin sollen zukünftig weitere Lager in anderen Großstädten dazukommen.
Massnahmen und Aktivitäten
Erarbeitung einer DIN SPEC zum Gebäuderückbau
Als Konsortialleiter hat Concular in Zusammenarbeit mit 30 führenden Universitäten, Verbänden und Unternehmen aus der Immobilien- und Baubranche die DIN SPEC 91484 entwickelt. Diese wurde im September 2023 veröffentlicht. Der Standard beschreibt ein Verfahren zur Erfassung von Bauprodukten als Grundlage für Bewertungen des Anschlussnutzungspotenzials vor Abbruch- und Renovierungsarbeiten. Gleichzeitig stellt der Standard einen Leitfaden zur Erstellung von sogenannten Pre-Demolition-Audits zur Verfügung. Unternehmen aus der Immobilienbranche können Bestände, die vor dem Abriss stehen, also eigenständig auf ihr Potenzial für einen zirkularen Rückbau überprüfen. So können CO2-Emissionen und Ressourcenverbrauch in der Baubranche effektiv gemindert werden. Concular hat in den letzten Jahren mit den durchgeführten Circularity Assessments schon umfangreiche Erfahrungen diesbezüglich gesammelt und sich auf diesem Hintergrund für eine Erarbeitung der DIN SPEC mit anderen Akteur:innen eingesetzt.
Versicherung für zikuläre Materialien
Gemeinsam mit weiteren Partnerorganisationen hat Concular ein weitere Hürde für die Wiederverwendung von Baumaterialien identifiziert: Das Fehlen von Versicherungsprodukten, die wiedergewonnene Materialien angemessen abdecken. Dies behindert die breitere Akzeptanz für die Wiederverwendung. Lösen will das Unternehmen das Problem mit der “Reclaimed Construction Material Insurance (RCMI)” – einer Versicherung von Reuse Material. die vorgeschlagene RCMI ist darauf ausgerichtet, dieses Hindernis zu überwinden, indem es umfassende Deckung anbietet, die den Wert und die Verwaltung von wiedergewonnenen Materialien mit dem von neuen Materialien gleichsetzt.
Im Gegensatz zu traditionellen Gebäude- und Produkthaftpflichtversicherungen bietet das vorgeschlagene Versicherungsmodell ein Zusatzmodul für bestehende Gebäudeversicherungspolicen an. Dieses Modul gewährleistet, dass wiedergewonnene Materialien den gleichen Versicherungsschutz erhalten wie neue Materialien und damit ein wesentliches Hindernis für ihre breitere Akzeptanz beseitigt wird. erarbeitet wurde die RCMI gemeinsam mit der VHV Versicherung und MOCEDI. Dieser kooperative Ansatz war entscheidend, um sicherzustellen, dass das Produkt den Branchenstandards und rechtlichen Anforderungen entspricht. Das Versicherungsangebot soll in den kommendenn
Beispiel: Kreislauffähige Innovation im Holzbau von Concular und TRIQBRIQ
In einer innovativen Zusammenarbeit bezieht TRIQBRIQ erstmalig rückgebautes Holz von Concular aus einem Projekt mit einem großen Deutschen Discounter. Concular baut für diesen Discounter einen „Showroom“ zurück und will die Materialien in einen hochwertigen Kreislauf bringen. Zahlreiche Materialien aus dem 1.800 Quadratmeter großen Industriegebäude wurden im Sinne eines zirkulären Materialkreislaufs selektiv zurückgebaut. So auch das hochwertige Holztragwerk des Supermarktes.
Das Startup TRIQBRIQ verwendet dieses Holz nun erstmals zur Herstellung von standardisierten Holzbausteinen – sogenannten BRIQs. Mit Industrierobotern fertigt das Unternehmen seine BRIQs bisher hochpräzise aus Industrie- und Kalamitätsholz. Dank der flexiblen Anpassung der Produktionsanlage und anspruchsvollen Qualitätskontrollen ist nun auch die Verwendung von rückgebautem Holz von Concular möglich.
Die fertigen BRIQs werden dann im TRIQBRIQ-System kreislauffähig im tragenden Rohbau eingesetzt. Damit lagern die beiden Unternehmen pro Quadratmeter Wandfläche ca. 200 Kilogramm CO2 ein, welches ansonsten beim Verbrennen des Holzes emittiert wird. Zusätzlich dazu werden erhebliche Mengen an Ressourcen, Energie und Emissionen eingespart, weil klimaschädliche Baumaterialien wie Beton und Ziegel substituiert werden. Parallel entsteht bereits das erste Bauvorhaben. Im Frankfurter Raum wird aktuell ein Einfamilienhaus mit dem TRIQBRIQ-System gebaut. Teile des Projektes werden mit den BRIQs aus Concular Holz umgesetzt.
Ansprechpartner
Dominik Campanella
Co-Gründer, CEO